ICPR – International Commission for the Protection of the Rhine

140. Auswirkungen von Wasserkraftanlagen in den Rheinzuflüssen auf den Wanderfischabstieg

 

70. Plenarsitzung – 8./9. Juli 2004 - Bern

1. Einführung

Die Koordinationsgruppe hat die AG Ökologie und ihre Fischexperten im Frühjahr 2002 beauftragt, einen Vermerk zu ökologischen Problemen in Zusammenhang mit Wasserkraftanlagen in den Rheinzuflüssen und der Wanderfischwiedereinbürgerung auszuarbeiten.

Wasserkraftwerke wirken sich in vielfältiger Weise nachteilig auf die ökologische Funktion und Durchgängigkeit von Fließgewässern aus. Die ökologisch nachteiligen Effekte von Gewässerstauhaltungen im Zusammenhang mit Wasserkraftwerken wurden bereits detailliert im IKSR - Bericht Nr. 108 (1999) dargelegt (Kommissionsbeschluss zum Problembereich: „Nachteilige Effekte von Stauhaltungen und Wasserkraftwerken für die ökologische Funktion und Durchgängigkeit von Fließgewässern“). Die Beeinträchtigung der stromauf- und -abwärtigen Fischwanderung durch Stauhaltungen an Wasserkraftanlagen, die insbesondere zu einer Verzögerung der Wanderung führt, ist jedoch nur ein Aspekt der Schadwirkungen auf Fische. Zusätzlich erfahren abwandernde Fische bei der Turbinenpassage zum Teil erhebliche Verletzungen, die zu einer erheblichen Mortalitätsrate führen können. Diese Schädigungen treten bereits in den intensiv zur Wasserkraftgewinnung genutzten Rheinzuflüssen auf und gefährden insbesondere den Erfolg der Wanderfischwiedereinbürgerung. In der vorliegenden Abhandlung wird die Schadwirkung von Wasserkraftanlagen in den Rheinzuflüssen auf die Wanderfischwiedereinbürgerung dargestellt.

Seit vielen Jahren treiben die Mitgliedsstaaten der IKSR die ökologische Wiederherstellung der Wanderfischgewässer im Rheineinzugsgebiet mit erheblichem finanziellen und personellen Aufwand voran. Diese erfolgreichen Anstrengungen sind mit dem Programm Rhein 2020 und verschiedenen EU-Richtlinien eng verknüpft.

Derzeit wird Wasserkraft im Rheinsystem wie auch in anderen Flussgebieten intensiv für die Energiegewinnung genutzt. Im Hauptstrom, d.h. am Hoch- und Oberrhein liegen 11 bzw. 10 große Wasserkraftanlagen, im Rheindelta am Lek 2 Wasserkraftanlagen.

Eine unvollständige Zählung für das gesamte Rheinsystem ergab, dass dort insgesamt etwa 2000 Wasserkraftanlagen betrieben werden. Über 90% aller Wasserkraftanlagen liegen an Gewässeroberläufen und kleineren Nebenflüssen und liefern Leistungen jeweils unter 1 MW.

Untersuchungen in verschiedenen Gewässersystemen zeigen, dass zahlreiche Fischarten in bedeutenden Individuenzahlen und unterschiedlichen Altersstadien gewässerabwärts gerichtete Wanderungen durchführen. Fische wandern zum großen Teil auch dann gewässerabwärts, wenn die Wasserführungen unterhalb der Ausbaukapazität vorhandener Wasserkraftanlagen liegen und somit nur eine Passage über die Turbinen möglich ist. Da sich Fische bei der Abwärtswanderung an der Hauptströmung orientieren, geraten sie mit dem Hauptwasserstrom in die Turbinen von Wasserkraftanlagen, falls dies nicht durch geeignete Schutz- und Abstiegseinrichtungen verhindert wird.